Souverän präsentieren

Seit einiger Zeit erzähle ich kleine Videogeschichten für unser lokales Online-Magazin am Schliersee. Meist drehe ich mit Menschen, die ein besonderes (Sport-)Angebot hier in der Region machen. Die etwas eigenes Kreatives geschaffen haben. Oder die einen besonderen Nutzwert für die Gemeinde bieten. Auf all diese Menschen gehe ich zu, weil sie Expertinnen und Experten auf ihrem Gebiet sind, weil ihre Geschichte so interessant ist, dass wir sie über das Magazin auch anderen zugänglich machen wollen. Und doch beobachte ich immer wieder, dass insbesondere meine Protagonistinnen dazu neigen, ihr eigenes Auftreten selbstkritisch zu hinterfragen oder zu kommentieren. Dass sie vor der Kamera ein super Statement abgeben. Und hinterher – „off-camera“ – ihr eigener schärfster Kritiker sind: „Huch, bin das wirklich ich?“, „Und klingt das nicht komisch, was ich da gerade gesagt habe?“. Fünf Ideen, wie du dich als Unternehmerin souverän präsentieren kannst – ohne dir selbst ins Wort zu fallen.

Den meisten Menschen fällt es schwer, locker und lässig vor der Kamera zu stehen. Die Wahrheit ist doch: Wirkliche Naturtalente, die von Anfang an „gut rüberkommen“, die souverän präsentieren und dabei völlig authentisch bleiben, sind selten. Bei Profis vor der Kamera ist die Lockerheit vor Publikum das Ergebnis jahrelanger Übung, harter Arbeit und vieler Trainings. Es ist also völlig normal, dass du dich erst einmal komisch fühlst, wenn jemand eine Kamera auf dich richtet und beispielsweise ein Video-Statement drehen will. Der Effekt einer Kamera gleicht immer dem eines Vergrößerungsglases: Wir sehen gleich dreimal so genau hin und sind gleich dreimal so kritisch mit uns selbst. Mir geht es ganz genauso …

 

Sie zückt die Kamera, ich verharre im Stopp-Modus.

Erst neulich habe ich Fotoaufnahmen mit einer befreundeten Fotografin gemacht – und habe ewig gebraucht, bis ich einigermaßen aufgetaut bin vor ihrer Kamera. Dabei musste ich noch nicht einmal etwas sagen oder tun. Sie hat ihre Kamera auf mich gerichtet – und ich habe Stopp-Tanz gespielt. Nur, dass ich nicht getanzt habe, sondern die ganze Zeit im Stopp-Modus verharrt bin … Uffff. Hätte ich doch mal auf Lauras Rat gehört: „Just have a glas of prosecco before, it helps you to relax …“ Dass am Ende doch noch schöne Bilder rausgekommen sind, ist nur Lauras herzlicher, fröhlicher Art und ihrer Geduld zu verdanken. Darauf in jedem Fall einen Prosecco!

 

Das Gesagte stehen und wirken lassen.

Zurück zu meinen Drehs für das Schliersee Magazin: Es ist schon vorgekommen, dass mein Gegenüber die tollsten Sätze vor der Kamera formuliert hat, pointiert, witzig, auf den Punkt. Und kaum ist das Statement beendet, da springt meine Protagonistin aus dem Bild, schlägt die Hände über dem Kopf zusammen – und lässt mich verzweifeln. Denn beim Video bauen brauche ich immer ein bisschen Schnittmaterial. Die Szene nach der Szene sozusagen. Die Einstellung nach dem Statement. Wenn ich eine Blende einsetzen will, um einen schönen Übergang von einer Szene in die andere zu schaffen, dann benötige ich ein Bild, das stehen bleibt. Protagonistinnen und Protagonisten, die ihre Sätze ruhig zu Ende sprechen, das Gesagt wirken und vom Publikum aufnehmen lassen. Mit einem Begriff: souverän präsentieren. Eine abrupte Bewegung am Ende des Videos? Ein flinkes aus-dem-Bild-flitzen? Aus dramaturgischer Sicht schwierig.

 

Was Helden anders machen als Heldinnen.

Interessanterweise agieren meine männlichen Protagonisten häufig ganz anders. Statt sich in Frage zu stellen, bestärken sie sich am Ende eines Statements selbst. Suchen den Augenkontakt mit dem Betrachter. Recken stolz ihr Kinn in die Höhe. Oder nicken noch einmal, wie um ihre Worte zu bestätigen und zu unterstreichen. Auch dieses Nicken, diese nonverbale Selbstbestätigung, ist nicht gerade ideal für mein Video. Aber es sendet eine völlig andere Botschaft. Es sagt: „So ist es – und nicht anders.“ Oder: „Fertig – noch Fragen?“  Aus diesem unterschiedlichen Umgang mit der Kamera habe ich ganz viel gelernt. Und versuche dieses Wissen zu teilen, mit den tollen Frauen und Männern, mit denen ich arbeiten darf. Sie so vorzubereiten, dass sie souverän präsentieren und sicher vor der Kamera stehen – und dort auch stehen bleiben.

 

Souverän präsentieren – so geht’s.

Auch als Unternehmerin bist du immer wieder gefordert, dich selbst zu zeigen. Deinen Standpunkt zu finden und beizubehalten. Ein souveränes Statement zu geben. Und zu unterstreichen. Statt dir selbst ins Wort zu fallen. Ob das nun im Rahmen einer großen Präsentation, beim lockeren Netzwerken, auf einer Podiumsdiskussion oder in einem wichtigen Kundenmeeting ist. Hier sind fünf Ideen, die ich meinen Video-Protagonistinnen und Protagonisten mitgebe – und die du auch auf das sichtbar werden im Business anwenden kannst:

 

Tipp 1: Zähle innerlich bis Drei.

Du hast deine Meinung kundgetan bei einem wichtigen Kundenmeeting? Eine völlig neue Sichtweise auf ein Problem präsentierst? Oder ein Video-Statement gegeben? Und fühlst jetzt den Drang, das Gesagte einzuordnen oder zu relativieren? Dann zähle innerlich bis (mindestens) Drei, nachdem du deine Aussagen beendet hast. 21, 22, 23 – schon drei Sekunden können unglaublich lang sein. Aber nur wer sein Gesagtes „stehen lässt“, verschafft seinen Worten auch Raum, um zu wirken.

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Tipp 2: Suche den Blickkontakt.

Wer eine provokante Aussage trifft oder seinen Standpunkt deutlich macht, erhält Resonanz. Das kann Zustimmung oder Ablehnung sein – oder auch mal freundlich-lächelnde Gleichgültigkeit. Beim Videodreh rate ich meinem Gegenüber, am Ende einer Aussage nochmal direkt in die Kamera zu blicken, die Aufmerksamkeit auf das Publikum zu richten. So fühlt sich der Betrachter besonders ernst genommen, angesprochen und „gesehen“. Als Unternehmerin solltest du auch den Blickkontakt suchen – schon während eines Vortrags und ganz besonders danach. Der Blick in die Runde signalisiert, dass du offen bist und Lust hast auf Austausch. Du sagst damit: „Fertig! Und was meint ihr?“ – und leitest damit unmittelbar über in den Dialog mit deinem Publikum.

 

Tipp 3: Schenke deinem Gegenüber ein Lächeln.

In meinen Poesiealbum steht der schöne Spruch: „Lächeln ist die netteste Art, dem Gegner die Zähne zu zeigen.“ Das kann stimmen. Muss aber nicht. Denn in der Regel ist dein Publikum nicht dein Gegner ist, sondern dein Freund, Anhänger, Supporter, Fan … Sonst wären die meisten gar nicht erst gekommen, um dich und deinen Vortrag zu sehen. Hätten sich nicht neben dich gesetzt auf dem Netzwerkevent. Oder deinen Videocast abonniert. Du kannst dich also ruhig trauen, am Ende eines Vortrags oder in einer anderen offiziellen Sprecher-Rolle zu lächeln. Denn mit einem Lächeln wirkst du nicht nur sympathisch und schaffst Nähe im Außen. Du sorgst auch innerlich für Entspannung und Zufriedenheit.

 

Tipp 4: Stelle dich nicht selbst in Frage. Lass die anderen fragen.

Wir Heldinnen können uns häufig gut einfühlen. Und neigen deshalb dazu, Kritik von anderen vorwegzunehmen und einzuordnen. Das kann eine hilfreiche Strategie in der öffentlichkeitsrelevanten Krise eines großen Unternehmens sein. Als Solo-Unternehmerin in einer Präsentationssituation ist es jedoch total kontraproduktiv. Also: Kein Kommentar, bitte! Mach dir klar: Nur du bist so tief in deinem Thema drin, dass du Fallstricke und Komplikationen vorausahnen kannst. Die anderen haben vielleicht gar keinen Blick für mögliche Herausforderungen oder finden sie nicht relevant. Deshalb: Stell dein Gesagtes nicht unmittelbar selbst in Frage. Sondern lass die anderen fragen. Höre zu, was sie bewegt. Und reagiere dann auf die Bedürfnisse, die echte Menschen an dich rantragen. Nicht auf die Einwände deines inneren Kritikers.

 

Tipp 5: Sprich eine Person an, nicht alle.

Ein ganzer Saal voller Zuhörer. Du gehst zum Rednerpult und weißt gar nicht, wohin du schauen oder gar blicken sollst. Allein die Menge an Zuschauern sorgt für nervöses Kribbeln in der Magengrube. Ob 50 Menschen bei einer Präsentation vor Ort oder 1.000 digitale Videoaufrufe im Internet: Es hilft ungemein, wenn du dich auf die eine Person konzentrierst, auf die dein Angebot zugeschnitten ist. Im Marketing spricht man auch von „Persona“. Stell dir ein ganz konkretes Gegenüber vor, eine Person, die Sonja, Claudi oder Stefan heißt – und die vor einer Herausforderung steht, die (nur) du lösen kannst. Für diesen Menschen hältst du deinen Vortrag, gibst dein Impuls-Statement oder das Video-Interview. Auf diese Weise kannst du dich wunderbar einfühlen in dein Publikum, wirst persönlich und lieferst ganz konkreten Mehrwert.

Jetzt bin ich neugierig: Was hat dir beim souverän präsentieren geholfen? Teile gerne deine Tipps unter diesem Beitrag. Oder teste meine Ideen aus, und verrate uns, wie sie wirken. Ich freue mich über ein Feedback.

Nicht vergessen: Wer als Unternehmerin und Marke sichtbar werden will, darf die Heldin in sich selbst erkennen.